Was will dieser Blog?

Dies ist der Blog ehemaliger Mitglieder des "Werkes". Er enthält Geschichten, Tatsachen und Erfahrungen, die vom "Werk" sorgfältig verschwiegen oder geleugnet werden. Er sei jedem ans Herz gelegt, der mit dem "Werk" in Kontakt kommt.

Die drei Pfeiler. Ideal und Realität.

Die drei Pfeiler

Ideal und Realität


Die Mitglieder des ‚Werkes’ müssen sich bewusst bleiben, dass sie ihre Berufung in der Kirche und für die Kirche nur in der Kraft der drei göttlichen Tugenden verwirklichen können. Sie öffnen sich für jene Gnade, die Mutter Julia das Licht der ‚drei Pfeiler’ nennt: ‚Vergessen wir nie, dass die ‚drei Pfeiler‘ ein drängender Aufruf sind, den Glauben, die Hoffnung und die Liebe zu leben’. Dadurch werden die Berufenen von der unerlösten Ichgebundenheit befreit, erneuern ihr Denken und werden fähig, ihre Auserwählung zum ‚Heiligen Bündnis’ in Einheit mit Gott und untereinander zu leben. (...) Die Gnade der „drei Pfeiler“ leben, heißt für sie: ‚Im Frieden des Glaubens das Leben wagen, ohne egoistisch in Gedanken um sich selbst zu kreisen. In Freude auf Gottes Vorsehung vertrauen, ohne sich auf fruchtlose Diskussionen und Wortgefechte einzulassen. In Dankbarkeit und Liebe dienen, ohne durch lieblose Kritik der Einheit zu schaden (J.Verhaeghe).                                                            - Konst. I,1

Dieser Text handelt von den drei Pfeilern, der Grund-Maxime des Werkes. Die drei Pfeiler sind das Mittel, mit dem die Mitglieder des Werkes manipuliert werden. Die Rede ist von einer Art Bekehrung, genauer von einer "Mentalitätsbekehrung", die Mitglieder und Assoziierte des Werkes durchlaufen müssen. Tatsächlich handelt es sich dabei um Denk- und Redeverbote, um eine umfassende Anonymisierung und Instrumentalisierung von Menschen im Dienst an einer Ideologie, die es sich zum Ziel gesetzt hat, das ganze "Gottesvolk" zu erreichen:    

Unsere Bekehrung und unsere Heiligung müssen dazu beitragen, den Abfall im Gottesvolk aufzuhalten, wo immer es möglich ist, und die schmerzliche Agonie des Mystischen Leibes zu lindern.

 - Zitat Verhaeghes im 2. Kapitel der Konstitutionen, Anm. 25.

Die drei Pfeiler. Das Ideal.


Die drei Pfeiler sind eine Art "Übersetzung" der drei göttlichen Tugenden: Glaube, Hoffnung und Liebe. Im Werk werden sie umgeformt zur Maxime: nicht räsonieren, nicht diskutieren, nicht kritisieren. Es sind Prinzipien, die höchste geistige Selbstverleugnung verlangen und höchsten inneren Frieden verheißen: glauben, hoffen und lieben anstatt um sich selbst zu kreisen, alles zigmal zu überdenken, endlos zu diskutieren und immer und überall herumzukritisieren, einfach akzeptieren, was gesagt und verlangt wird, die Dinge einfach annehmen und tun. Einfach zu vertrauen, sich wie ein Kind in die Obhut jener zu begeben, die die Gemeinschaft leiten, aus einer scheinbar so übersteigert kritik- und diskussionssüchtigen Gesellschaft herauszutreten und innerlich still zu werden, einfach zu glauben und zu tun, was einem gesagt wird - das verheißt inneren Frieden und das kann eine große Faszination ausüben.


Die drei Pfeiler. Beobachtungen.

Jeder einigermaßen nüchterne Zeitgenosse wird mit unmittelbarer Skepsis auf die Maxime "nicht räsonieren, nicht diskutieren, nicht kritisieren" reagieren. Die Parallelen zur Propaganda menschenverachtender Regime drängen sich allzu sehr auf, sodass wirklich das Gefühl aufkommen kann, die drei Pfeiler wären gewissermaßen aus den Lehren von Lenin, Stalin, Mao und Hitler destilliert. Wo Denken, Nachdenken, offene Diskussion und Kritik verboten werden, werden Menschen nicht nur ihre fundamentalsten menschlichen Grundfreiheiten genommen, es ist auch davon auszugehen, dass diejenigen, die diese Verbote erdacht haben und sie durchsetzen, diese Unfreiheit ausnutzen, dass das von ihnen errichtete System nur solange bestehen kann als die Menschen darin es auch tatsächlich nicht wagen, selbst zu denken, zu diskutieren und ihre Kritik offen auszusprechen.

Besonders bitter ist, dass die "drei Pfeiler" vorgeben eine Auslegung der drei göttlichen Tugenden zu sein. Tatsächlich sind sie eine fundamentale Umdeutung, eine Verkehrung der göttlichen Tugenden in ihr Gegenteil. Glaube, Hoffnung und Liebe setzen Freiheit und Beziehung voraus, sie werden erst dort möglich und blühen nur dann auf, wenn Menschen aus eigenem Entschluss, eigener Reflexion und eigenem Willen sie ergreifen. Glauben kann niemals das Resultat eines Denkverbots sein, genauso wenig wie Liebe das Ergebnis eines Kritikverbotes sein kann.

Dazu kommt: Was hier bedingungslos geglaubt, gehofft und geliebt werden soll, ist ja nicht mehr Gott selbst, sondern die Leitung des Werkes und ihre Anordnungen. Auch dies ist eine Parallele zu totalitären Regimen: angeblich geht es um eine Weltanschauung. Tatsächlich geht es um die Machtansprüche der Regierenden, die sich der Kontrolle durch ihre Untergebenen entziehen, um ein System völliger Unfreiheit und Kontrolle aufzubauen und aufrechtzuerhalten.

Der Willkür der Leitung ist damit Tür und Tor geöffnet. Unter Berufung auf Gott, an dessen Stelle die Verantwortlichen gegenüber den Mitgliedern der Gemeinschaft stehen, können sie alles verlangen, alles beurteilen, alles verschweigen ohne, dass dem einzelnen Mitglied eine Rechtfertigung dafür bliebe, die Dinge anders zu sehen, anders zu empfinden oder schlicht nicht zu verstehen. In den Augen Verhaeghes hat das einzelne Mitglied schlicht keinen Anspruch darauf, zu verstehen, was das Werk ist und worum es geht. Es soll auch nicht darüber nachdenken. Ihm bleibt nichts als dem Werk einfach zu "dienen":

Den Plan des ‚Werkes‘ können wir einzig und allein von Gott her verstehen. Er ist Leiter und Plan zugleich. Deshalb müssen wir alle eigenen Gedanken und Vorstellungen über ‚Das Werk‘ fallen lassen, um diesem göttlichen Plan dienen zu können. 

 - Zitate Verhaeghes, in: L. Scheffczyk, Wesensmomente des Charismas, Eigenverlag Das Werk. 


Die Mitglieder müssen alles bedingungslos hinnehmen. Während die Leitung alles von ihnen weiß und alle Fragen stellen darf, alles verlangen darf, ist für das Mitglied selbst schon das Nachdenken darüber (räsonieren) eine Sünde: mit unserem begrenzten menschlichen Verstand den Willen Gottes (d.h. den Willen der Verantwortlichen) begreifen zu wollen sei vermessen.

Wie extrem die drei Pfeiler umgesetzt werden, erfährt man erst in der alltäglichen Praxis im Werk, in dem tatsächlich ein subtiles System permanenter Angst und Kontrolle herrscht:

Des Räsonierens macht man sich schon schuldig, wenn man nachdenkt: über eine Anordnung, die man befolgen soll, über einen Entschluss des Rates, über einen Satz Verhaeghes. Man muss also noch nicht einmal den Mund auftun. Wenn jemand unter dem Verdacht steht, dass er eine Anordnung nicht verstehen kann, dass ihn das Gefühl quält, sie könnte falsch sein, dann wirft man ihm vor, dass er räsoniert. Das ist gleichbedeutend mit einem schwerwiegenden Vorwurf und kann quälend lange Gespräche mit den Verantwortlichen nach sich ziehen, denen gegenüber man sich rechtfertigen muss.

Des Diskutierens mach man sich schuldig, wenn man Fragen stellt, nachhakt, Alternativvorschläge macht. Auch diese müssen nicht ausgesprochen werden, es genügt, wenn man sie für sich selbst erwägt und ein Dritter das mitbekommt oder auch nur einen entsprechenden Verdacht hegt. Besonders schlimm ist das Vergehen natürlich dann, wenn man gemeinsam mit anderen Mitgliedern bzw. in ihrem Beisein, solche Fragen stellt. Dann muss man damit rechnen, von Verantwortlichen unmittelbar zur Rede gestellt, bedroht und evtl. bestraft zu werden.

Des Kritisierens macht man sich schuldig, wenn man von irgendetwas im Werk bewusst eine andere Ansicht vertritt. Auch das muss man noch nicht öffentlich tun. Es genügt, wenn man für sich allein der Ansicht ist, etwas oder jemand wäre verkehrt, hätte falsch entschieden oder gehandelt etc. Das Schlimmste von allem ist offene Kritk, insbesondere das "Austauschen von Kritik" unter Mitgliedern. Auch das kann nonverbal sein: ein Augenverdrehen ob einer zweifelhaften Äußerung eines Verantwortlichen genügt, um zur Rede gestellt und mit Strafen bedroht zu werden. Wird man erst beim Gespräch mit einem anderen Mitglied erwischt, kann man damit rechnen, in stundenlangen Gesprächen  zur Rede gestellt, bedroht, bestraft, evtl. auch versetzt zu werden und unter verschärfter Beobachtung zu bleiben.  

Mitglieder des Werkes erfahren all das täglich. Die Maxime geht ihnen in Fleisch und Blut über. Die geistige Enge, die Angst vor Rügen und die Willkür der Verantwortlichen ist für sie normal geworden. Dass es besser ist, keine Fragen zu stellen, ist selbstverständlich. Ex-Mitglieder erholen sich in der Regel erst langsam davon. Auch Jahre nach dem Austritt kann man sich noch bei der Frage ertappen: darf ich das denken?


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