Was will dieser Blog?

Dies ist der Blog ehemaliger Mitglieder des "Werkes". Er enthält Geschichten, Tatsachen und Erfahrungen, die vom "Werk" sorgfältig verschwiegen oder geleugnet werden. Er sei jedem ans Herz gelegt, der mit dem "Werk" in Kontakt kommt.

Schwester im Werk von 1967 bis 1974 - Teil IV


Ich verließ Rom. Man sagte mir, dass ich wieder nach Villers kommen sollte. Dort bekam ich eine Aufgabe in der Druckerei. In Villers herrschte eine andere Atmosphäre als in Rom. Die Regionalverantwortliche dort erklärte mir gleich ohne alle Umschweife, dass in Rom eine verkehrte Lebensweise gepflegt worden wäre; die Mitglieder hätten dort zu viel Entspannung gehabt und der Geist des Werkes wäre nicht immer gewahrt worden. Ich fragte nicht, was mit den anderen geschah, die mit mir in Rom studiert hatten – oder mit der Regionalverantwortlichen von Rom. Man sagte mir nur, dass ich dazu „geformt“ werden würde, selbst eine Verantwortliche zu werden. Das erfüllte mich mit Stolz, sodass ich mit doppeltem Eifer ans Werk ging. Und die Regionalverantwortliche ließ mich weiterhin spüren, dass ich auch hier wieder eine bevorrechtigte Stellung einnahm, ich wäre „besonders berufen“, „das verstehen nur wenige“, „du kannst das“.


Immer wieder war ich bei den Gesprächen der Hauptverantwortlichen in Villers zugegen. Der „Rat“ nahm für gewöhnlich die Mahlzeiten nicht gemeinsam mit den normalen Mitgliedern ein. Es war eher selten, dass die „Großen“ einmal am Tische der „Kleinen“ Platz nahmen. Hier nun lernte ich jemanden kennen, der im Werk eine sehr große Rolle spielen sollte: Mikle Strolz (Maria Katharina Strolz). Ich war im Ungewissen darüber, woher sie kam. Auch durfte ich keine Fragen stellen. Eines war aber klar: sie ging nicht den gewöhnlichen Weg der neu Eingetretenen im Werk. Ihre Vertrauensposition bei „Mutter“ war von Anfang an eine ganz besondere. Es lag auf der Hand, dass sie eine Führungsrolle im Werk einnehmen würde. Verantwortliche, die schon viele Jahre Vertraute von „Mutter“ gewesen warn, mussten nun zurück auf den „zweiten Rang“.


Einige Monate später wurde ich als Verantwortliche in Innsbruck eingesetzt. Ich sollte Suzanne de Maesschalck ersetzen. In den Gesprächen der Hauptverantwortlichen war in letzter Zeit viel Kritik an Suzanne laut geworden. Offensichtlich hatte es schon in den Jahren zuvor Schwierigkeiten zwischen ihr und „Mutter“ sowie zwischen ihr und anderen älteren Mitgliedern gegeben. Außerdem hatte ich verstanden, dass sie früher eine wichtige Rolle gespielt hatte und dass sie für das Werk viele Kontakte zu einflussreichen und vermögenden Personen unterhielt. Aber sie passte nicht mehr ins Kader, ja sie war zur Last geworden, anscheinend vor allem für Mikle Strolz. Die Angriffe auf Suzanne wurden in bestimmte Phrasen gekleidet, wie etwa „Sie ist dem Geist des Charismas untreu geworden. Sie hat das Geheimnis des Königs verraten. Sie lebt die Hingabe im Werk nicht mehr“. Obwohl ich nicht genau wusste, worum genau es in diesem Streit zwischen Suzanne und dem Rest der Leitung ging, wurde mir allmählich klar, dass das alles Tarnung war. Tatsache war: Suzanne war im Weg. Sie musste aus ihren Reihen verschwinden. Während meiner Ausbildung im Werk hatte ich viel über die schrecklichen Praktiken kommunistischer Regime lesen müssen. Was ich jetzt erlebte, schien mir aber regelrecht von dort her zu kommen. Was mit Suzanne geschah, war wie aus einem kommunistischen Programmbuch entnommen. Das war die reinste „Säuberung an der Spitze“. Es tat mir leid, weil ich Suzanne immer bewundert hatte. Ich wurde nachdenklich, aber zugleich behielt ich Vertrauen zur Gemeinschaft und setzte mich weiter für sie ein. Die Gemeinschaft in Innsbruck schilderte man mir als einen großen Trümmerhaufen, den Suzanne zurückgelassen hatte. Dort sollte ich alles wieder in Ordnung bringen. Ich sollte die dort arbeitenden Mitglieder begleiten, eine Druckerei auf die Beine bringen und Kontakt mit den Priestern halten, die dem Werk gegenüber wohlgesinnt waren. Außerdem sollte ich Kontakt halten mit den Mitgliedern, die „draußen“ arbeiteten, sie regelmäßig für ein Wochenende oder ein paar Tage einladen, und dafür sorgen, dass sie regelmäßig ihren finanziellen Beitrag leisteten. Ganz besonders sollte ich potenzielle neue Kandidaten betreuen, um zu beweisen, dass ich auch „Mutter“ sein könnte für das Werk. Und ganz selbstverständlich sollte ich alles regelmäßig nach Villers berichten bzw. dorthin, wo die „internationale Leitung“ gerade war. Strolz hatte darin bereits eine zentrale Stellung inne.


Wann genau es geschah, kann ich kaum sagen. Es ist eher das Ergebnis vieler kleiner Vorkommnisse, die mir nach und nach die Augen für die Realität geöffnet haben, in der ich mich befand. Ich kann es kaum beschreiben. Menschen, die das nicht selbst erfahren haben, werde ich es kaum veranschaulichen können: Allmählich wurde ich mir bewusst, in was für einem erstickenden Mechanismus ich gefangen war – ich gemeinsam mit vielen anderen. Vor allem das, was anderen angetan worden ist, hat mir die Augen geöffnet. 


Fortsetzung hier

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